Chronik

Verfasser: Dr. Alfred Osthof
am 17.11.2021 aktualisierte Version

 

Vor der Vereinigung

Die Schachvereinigung wurde am 21. 3. 1946 aus zwei Offenburger Schachvereinen gebildet,

Die Schachgesellschaft war im Februar 1924 vom französischen Militär genehmigt worden und ge­hörte ab 1925 zu den ersten dreißig Vereinen des Oberrheinischen Schachverbandes. In ihr trafen sich Kaufleute, Beamte und Angestellte anfangs im ‘Cafe Gräßle’, Friedensstr. 1.
Der Schachklub entstand aus einem Schachkreis von Handwerkern und Arbeitern im Gasthaus ‘Grü­ner Baum’ (Kinzigvorstadt), Hauptstraße 115. Er wurde im April 1924 von der Besatzung ge­nehmigt, war aber (bis zur nationalsozialistischen Gleichschaltung) in keinem Schachverband.

Die Schachgesellschaft war bekannter und letztlich auch erfolgreicher. Ihr Vorsitzender war von 1930 bis 1945 der Gymnasialprofessor Max Dischler, Problemkomponist und Leiter des Schachbe­zirks Offenburg. Sportlich herausragend, aber nur eineinhalb Jahre in Offenburg, war der Arzt Dr. Platz aus Köln. Er belegte 1932 beim Oberrheinischen Schachkongress in Freiburg den dritten Platz, punktgleich mit dem Karlsruher Erich Barnstedt.
Mitgründer und ständig ein Vorstandsmitglied des Arbeiter-Schachklubs war der Buchdrucker Josef Sator. Er sorgte verlässlich für einen geordneten Spielbetrieb, schlichtete Streitigkeiten der Mitglie­der und organisierte Begegnungen mit anderen Vereinen. Den Vereinsbetrieb und wichtige Ereignis­se dokumentierte er in privaten Aufzeichnungen.
In der Not half auch der Inhaber der großen Bau­unternehmung Ludwig Fischer als Mäzen und Spieler; in nationalsozialistischer Zeit übernahm er sogar den Vereinsvorsitz. Stärkster Spieler des Klubs war bis zu seinem frühen Tod der Offenburger Stadtmeister von 1942, Karl Walz.

Erfolgreicher Anfang

Nach dem Zusammenschluss wurde Offenburg für mehrere Jahre eine Hochburg des badischen Schachlebens

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die (Wieder-) Gründung des Schachverbands von der Schachvereinigung Offenburg betrieben. Die Gründungsversammlung des ‘Südbadischen Schachverbands’ war am 17.11.1946 in der ‘Michelhalle’ in Offenburg. Vorsitzender wurde der gebürtige Berliner Heinz Schunke, seit Jahren Mitglied der Schachgesellschaft Offen­burg. Er übte das Amt bis September 1949 aus und war anschließend 2. Vorsitzender bis zum Zusammenschluss mit dem nordbadischen Schachverband im September 1952.

In den Nachkriegsjahren waren drei hochqualifizierte Schachlehrer in der Jugendarbeit tätig, die Mathematiklehrer Max Dischler und Erich Barnstedt sowie Erwin Fritz, der im 2.Weltkrieg von Ostdeutschland nach Straßburg gekommen und später kaufmännischer Lei­ter einer Lebensmittelfirma in Offenburg geworden war.

Erwin Fritz, selbst ein starker Spie­ler, hatte eine besondere Neigung und Befähigung zur Jugendarbeit. Sein Wirken innerhalb des Vereins gipfelte im Internationalen Jugendturnier von Offenburg vom 31.05. bis 3.06.1952. Sieger wurde Heim aus Konstanz. Unter den Teilnehmern waren die späteren Großmeister Darga und Uhlmann. Nach dem Vereinigungskongress 1952 in Rastatt wurde Erwin Fritz Jugendleiter des Badischen Schachverbands und blieb es bis 1964. Teilweise zeitgleich war er auch Jugendleiter des Deutschen Schachbundes. Für seine Mühe wurde er mit der goldenen Ehrennadel des Deutschen Schachbundes ausgezeichnet.

Bei der Gründungsversammlung der Schachvereinigung Offenburg wirkte, zunächst un­beachtet,  Erich Barnstedt mit, ein badischer Spitzenspieler aus Karlsruhe, der mit sei­ner Familie nach Zell-Weierbach gezogen war. Erich Barnstedt war seit 1927 Spieler der ba­dischen Meisterklasse und hatte 1934 als Vorsitzender von ‘Karlsruhe 1853’ den Weltmeister­schaftskampf Aljechin gegen Bogoljubow mitorganisiert. Ihm gelang es, den Großmeister aus der Ukraine mit Wohnsitz in Triberg von November 1946 bis zum Jahreswechsel 1949/50 für die Schachvereinigung Offenburg zu gewinnen. Trotzdem wurde die südbadi­sche Meisterschaft 1948 knapp verfehlt. Aber ein Jahr später konnte die Offenburger Schachvereinigung mit den Spitzenspielern Jefim Bogoljubow, Erich Barnstedt und Erwin Fritz ihren Hauptkonkurrenten ‘Freiburg 1887’ niederringen. Die »Südbadische Meisterschaft 1949« ist der größte Mannschaftserfolg der Vereinsgeschichte. Kurz vorher, im Mai 1949, hatte Jefim Bogoljubow in Bad Pyrmont mit 10 1/2 Punkten aus 12 Partien die Meisterschaft von Deutschland gewonnen. Zum Jahresende 1949 wechselte er aus finanziellen Gründen zum Konkurrenten Freiburg 1887 mit dem Versprechen, nie gegen Offenburg anzutreten. Er starb 1952 mit 64 Jahre in Triberg an seinem Herzleiden.

Erich Barnstedt gelang mit 50 Jahren der große Erfolg, mit dem schon fast nicht mehr zu rechnen war. Seit 1927 hatte er in der badischen Meisterklasse mitgespielt, mehrfach ganz vorne, hatte den Titel aber noch nicht gewonnen. 1953 war es so weit: Zum 100-jährigen Jubiläum seines früheren Vereins wurde er in Karlsruhe »Badischer Meister« vor Eisinger und Diemer. Das war sein Höhepunkt, aber Spielstärke bewies er noch lange. Mit 63 Jahren unterlag er 1966 im badischen Schachpokal erst im End­spiel seinem früheren Karlsruher Vereinskameraden Deutschlandmeister Max Eisinger. Bis in die siebziger Jahre blieb er ein wertvoller Spieler der Offenburger Mannschaft und ein gefährlicher Gegner in Vereinsturnieren. 1975 errang er seinen letzten Titel: Mit fast 72 Jahren wurde er »Badischer Seniorenmeister«.

Zwischen Oberliga und Verbandsliga

Zu dieser Zeit erlebte die Schachvereinigung Offenburg einen sportlichen Aufschwung. Fast ein Jahrzehnt hatte sie trotz bewährter Kräfte wie Erich Barnstedt, Reinhard Litterst und Dieter Barns­tedt sowie nachdrängender Leistungsträger wie Roland Günther und Reinhard Schmider ihren Platz zwischen Oberliga und Landesliga nicht gefunden. Nach jedem Aufstieg folgte der sofortige Ab­stieg. In der 1970 gegründeten Verbandsliga konnte sich die Schachvereinigung vier Jahre in der unteren Tabellenhälfte halten.

1973 traten mit Hans Jörg Schiegl und 1974 mit Alfred Osthof zwei Verstärkungen der Schachverei­nigung bei. Mit ihrem erfolgreichen Spiel an den Spitzenbrettern legten sie die Grundlage für den Aufstieg in die Oberliga. Die Klasse konnte im nächsten Jahr verteidigt werden, weil Dieter Barns­tedt als weitere Verstärkung vom Bundesligisten Mannheim - Lindenhof heimkehrte. Die Mann­schaft war aber schon überaltert; sie brauchte einen Neuaufbau.

Bis 1983 musste sie sich, abgesehen von dem Oberligajahr 1980/81, mit der Verbandsliga begnügen. Deutlich verjüngt wurde 1982/83 erneut der Aufstieg erkämpft. Aus der alten Oberligamannschaft waren nur noch Dieter Barnstedt, Alfred Osthof und Roland Schmider dabei. Hinzu kamen die jun­gen Spieler Horst Deichelbohrer, Michael Horn, Jürgen Döserich, Uwe Rauch, Gotthard Wirth und Mathias Fink. Mit diesem Spielerstamm, zu dem bald noch Bernhard Herlemann stieß, wurde die Oberliga von 1983/84 bis 1987/88 fünf Jahre lang verteidigt.

Dabei wurde Gotthard Wirth zum Spitzenspieler: 1986 gewann er den »Badischen Schachpokal«, 1987 wurde er Dritter der badischen Meisterschaft - zwei Erfolge, wie sie kein Spieler der Schachvereini­gung Offenburg nach Erich Barnstedt mehr erzielt hatte.


Zwischen Verbandsliga und Landesliga

In den Jahren nach 1989 konnte dieser Leistungsstand nicht gehalten werden: Einige Spieler fehlten wegen ihres Studiums, andere zogen weg.

Nach wiederholtem Abstieg in die Landesliga gelang 1998 der Wiederaufstieg in die Verbandsliga mit einem überlegenen Gruppensieg. Dieser Erfolg wurde in den nächsten Jahren bestätigt mit zwei  vierten Plätzen in der Verbandsliga 1998/1999 und 1999/2000. Beigetragen haben dazu nicht nur die bewährten Kräfte Gotthard Wirth, Alfred Osthof, Uwe Rauch, Jürgen Dö­serich, Dieter Barnstedt und Bernhard Herlemann, sondern auch die Verstärkungen Paul Mangei, Dominik Schneider, Hans-Jörg Drewello, Klaus Trahasch und Olaf Krause.

Seniorenschach

Viel Beachtung erkämpfte sich die Schachvereinigung Offenburg ab 1998 im badischen Senio­renschach. Dietrich Barnstedt bewährte sich zwischen 1998 und 2003 als Stamm­spieler der Seniorenmannschaft des Badischen Schachverbandes in vielen Verbandsvergleichen und Mann­schaftsturnieren. 1998 war er Zweiter der Badischen Seniorenmeisterschaft geworden; bei sei­ner nächsten Teilnahme 2001 wurde er wie sein Vater 25 Jahre zuvor »Badischer Seniorenmeister«.

Dr. Osthof gewann 1998 beim 3. Europäischen Open Illkirch-Graffenstaden das Seniorenopen und 2001 beim 6. InfoScore Chess Festival  Baden-Baden sowie 2005 bei den Freiburger Schachta­gen die Seniorenturniere. Auch er spielte wiederholt für die Senioren des Schachverbandes.

Beide Altmeister trugen mit ihren Erfolgen an den Spitzenbrettern  entscheidend bei zu den Mann­schaftssiegen der SG Offenburg/Kehl. Ab 2000/2001 erreichte die Spielgemeinschaft fünfmal in Folge die Endrunde des Badischen Schachverbandes. Im Wettstreit mit Spitzenmannschaften wie Eppingen, Heidelberg und Karlsruhe wurden sie gemeinsam mit den Kehler Stammspielern Peter Vetter und Manfred Wenghöfer »Badischer Seniorenmannschaftsmeister« 2001 und 2003.
Dr. Osthof konnte den Titel 2011/12 noch ein drittes Mal erringen in einer Spielgemeinschaft mit den Lah­rern Berthold Kopp, Peter Hurst, Joachim Stulz und Fritz Meier.

Starke Helfer

Als sich 2008 Spitzenspieler Gotthard Wirth, Paul Mangei und Klaus Trahasch nach dem Abstieg in die Bereichsklasse von der Rangliste streichen ließen, war die 1. Mannschaft sehr ge­schwächt. Un­verhofft kam Hilfe aus Kehl. Beim SK Kehl hatte es Meinungsverschieden­heiten über das sportli­che Konzept gegeben und der Vorsitzende Peter Vetter, seit 2002 Eh­renmitglied der Schachvereini­gung, trat ab 2008 für Offenburg an. Die Straßburger Leistungs­träger des Kehler Schachklubs Claude Jost, Vladimir Schulz und Dr. Fabien Chaury folgten ihm. Mit ihnen gelang  der Aufstieg in die Landesliga zwar nicht sofort, aber im Folgejahr.

Als Peter Vetter auch noch den ‘Internationalen Meister’ Gedi­minas Sarakauskas aus Litauen und Benjamin Dobschat vom SK Ohlsbach für Offen­burg geworben hatte, schafften sie mit hervorragenden Ergebnissen an den Spitzenbrettern die Grundlage für den Aufstieg in die Verbandsliga, G. Sarakauskas mit 6 Punkten aus 6 Partien und B. Dobschat mit 7,5 Punkten aus 8 Partien. Ein  dritter Aufstieg in Folge gelang aber nicht. In der Ver­bandsliga reichte es nur zu Rang 4, auch weil C. Jost und Dr. Chaury sich zurückzogen hatten.

2012/13 kam als Verstärkung der moldawische ‘Internationale Meister’ Dorian Vicol hinzu. V. Schulz,
G. Sarakauskas, B. Dobschat und D. Vicol waren zuverlässig zur Stelle, erreichten aber nur 18,5 Punkte aus 32 Partien. Das war  für den Aufstieg in die Oberliga zu wenig und brachte der Mannschaft erneut Rang 4. G. Sarakauskas, der 2013/14 nur noch eine Partie spielte, wurde durch Jaffar Mohebbi aus Straßburg ersetzt. Mit ihm und D. Vicol, V. Schulz und B. Dobschat konnten sogar nur 15 Punkte in 32 Partien erzielt werden; wieder blieb es bei Rang 4.

Im letzten Versuch 2014/15 erspielten J. Mohebbi, B. Dobschat und D. Vicol 14,5 Punkte aus 25 Partien. Mit 7,5 Punkten aus 9 Partien schaffte J. Mohebbi das beste persönliche Ergebnis der Verbandsliga, aber es verhinderte nur den Abstieg: Auf Rang 8 konnte Offenburg ihn knapp vermeiden. Das weit verbreitete Konzept, mit vereinsfremden Spielern große Erfolge zu suchen, hatte in der Schachvereinigung Offenburg nicht zum Erfolg geführt.

 

Aktuelle Leistungsebene

Nach sieben Jahren gab die Schachvereinigung 2015 weitere Versuche auf und bestritt ihre Mannschaftskämpfe nur noch mit Spielern aus der Ortenau. Als 2015 Simon Feisst seinen früheren Vereinskameraden Benjamin Dobschat und Benjamin Wasli­kowski zur Schachvereinigung gefolgt war, schienen die Aussichten gut, sich mit den früheren Leis­tungsträgern des SK Ohlsbach wenigstens in der Verbandsliga zu behaupten, zumal Paul Mangei wieder mitmachte und Dr. Frank Goldschmidtböing aus Waldkirch sich im Vorjahr angemeldet hatte. Doch die Saison 2015/16 wurde zum Debakel. Eine vollständige Mannschaft stand zwar im­mer zur Verfügung, aber ihr misslang alles. Allein U. Rauch erspielte mit 4/8 ein ausgeglichenes Ergebnis. Mit 1:17  Punkten landete Offenburg weit abgeschlagen auf Rang 10 und stieg ab.

Die Mannschaft, für die Verbandsliga zu schwach, bewährte sie sich in den  Folgejahren als eine Spitzenmannschaft der Landesliga, obwohl sie 2017 den Weggang von Simon Feißt, Dominik Schneider und Paul Mangei hinnehmen musste. Dr. Daniel Fischer aus Oberkirch war hinzu gekom­men und Jerome Thiercelin wurde nachgemeldet.

Dreimal nacheinander schloss die 1. Mannschaft auf Rang 2 ab. Beim dritten Mal (2018/19) qualifizierte sie sich als Tabellenzweiter durch Stichkampf für den Aufstieg, war in der Verbandsliga 2020/21  aber schon in der Coronapause (nach sieben Runden) ein sicherer Absteiger. In der zweiten  Coronasaison (Landesliga 2021/22)  und danach wurden die Leistungen nicht besser. Vorerst reicht die Offenburger Spielstärke nur für die Landesliga.

 

 

Hinweise

Die Schachvereinigung hatte von 1980 bis 2018 zum jährlichen Erich-Barnstedt-Turnier geladen. Nach dem Tode von Dietrich Barnstedt, dem Initiator und Mäzens des Turniers, und nach der Unterbrechung durch die Coronapandemie ist noch nicht entschieden, ob die Tradition weitergeführt wird.

 

 


Zu 100 Jahren Schach in Offenburg hat unser Ehrenmitglied Dr. Osthof eine umfangreiche Chronik erarbeitet. Der Privatdruck des Vereins wird nicht im Buchhandel angeboten. Er wird mit zweckgebundenen Spenden finanziert und nur im Verein bereit gehalten.

 

 

Gewinner des Erich-Barnstedt-Gedenkturnieres

 

 

2. Offenburger Stadtmeister im Schach

Vor Gründung der Schachvereinigung gab es sieben Stadtmeisterschaften. Sieger wurden:

Aus der Zeit nach dem Zusammenschluß bis 1970 sind nicht alle Stadtmeister bekannt:


Erich Barnstedt siegte in der Zeit bis 1969 oft. Zwischen 1963 und 1969 dürfte auch Roland Günther wiederholt gewonnen haben. Nach 1969 wurde die Meisterschaft nicht in jedem Jahr ausgespielt. Ausfälle gab es insbesondere zwischen 1987 und 1993 sowie von 2004 bis 2009. Die Siegerliste ist vollständig:


 

3. Vereinsvorsitzende der beiden Vorvereine

a) Schachgesellschaft


b) Schachklub

4. Vorsitzende der Schachvereinigung waren:

 

Impressum    Kontakt